eve&rave Münster e.V.
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Desomorphin (Krokodil)

 

Chemische Bezeichnung (IUPAC):

(5α)-17-Methyl-4,5-epoxymorphinan-3-ol

 

Andere Bezeichnungen:

Desomorphin, Dihydrodesoxymorphin, (...)

 

Handelsnamen:

Permonid® (ehemals), (...)

 

Szenetypische Bezeichnungen:

Crocodile, Croc, Krokodil, Krok, auf russisch: крокодил, (...)

 

Desomorphin wurde erstmals 1932 synthetisiert und zählt zu der heterogenen Gruppe der Opioide (Substan- zen, die an Opioidrezeptoren wirksam sind). Ziel der Forschung war es ursprünglich, ein Schmerzmittel mit einem geringeren Abhängigkeitspotential als Morphin zu entwickeln. Es zeigte sich jedoch schnell, daß Deso- morphin zwar bis zu 10-mal stärker wirkt als Morphin, aber auch noch schneller abhängig macht als dieses. Der Grund für das hohe Abhängigkeitspotential liegt vermutlich in der sehr schnell einsetzenden schmerzstillenden Wirkung (schneller als bei Morphin), die jedoch nur ca. 1,5 Stunden anhält – also einer raschen, sehr intensiven, aber relativ kurzen Wirkung. Desomorphin kam in Rußland und in der Schweiz einige Jahre als Schmerzmittel zum Einsatz. In der Schweiz wurde es un- ter dem Handelsnamen Permonid® vertrieben, bis es 1981 vom Markt genommen wurde. In Rußland wurde es 1998 zu einer illegalen Substanz erklärt.

Im Jahr 2011 sorgte Desomorphin erstmals mit sehr drastischen Bildern von Konsu- menten mit verfaulten Körperstellen, in denen die darunterliegenden Sehnen und Knochen zu erkennen waren, für Schlagzeilen, als bekannt wurde, daß es sich in Rußland unter den Heroinabhängigen stark verbreitete und viele der Konsumenten sogar gänzlich auf diese Substanz umstiegen. Der Grund hierfür lag vermutlich in einem auf einen Pilzbefall zurückzuführenden Einbruch der Opiumernte in Afgha- nistan ein Jahr zuvor. Hierdurch wurde Heroin knapp, wodurch sich der Preis in Rußland erhöhte bzw. die Qualität sank. Daher begannen viele Konsumenten auf preiswertere Alternativen auszuweichen und stießen bei ihrer Suche offenbar erneut auf Desomorphin, welches bereits erstmals im Jahr 2003 (nachdem Rußland ver- suchte, den heimischen Heroinmarkt trocken zu legen) in Sibirien auftauchte und sich recht leicht, ohne aufwendige Labortechnik in ca. 45 Minuten selbst herstellen läßt. Es gilt in Rußland heutzutage als die „Droge der Armen“.

Die Basis zur Herstellung von Desomorphin bildet das Opiat Codein, welches in Form von rezeptfreien Hustenmitteln in nahezu jeder Apotheke erhältlich ist. Das Codein muß lediglich mit einigen anderen leicht erhältlichen Chemikalien wie z.B. Ethanol, Benzin, Universalverdünner, Salzsäure, Iod, rotem Phosphor (aus Streich- holzköpfen) und Haushaltsreiniger verkocht werden, wobei auch giftige Stickoxide entstehen. Aufgrund der unprofessionellen Herstellung und fehlender Extraktions- möglichkeiten in den heimischen vier Wänden entsteht jedoch ein unreines Endpro- dukt, welches reich an hoch giftigen Nebenprodukten sein kann. Durch die Injektion dieses sehr aggressiven, giftigen Substanzgemisches treten an der Einstichstelle häufig grünlich-geschuppte Verfärbung (Gewebeschäden) auf, die an Krokodilhaut erinnern, woher auch der Szenename „Krokodil“ rührt. Die durchschnittliche Über- lebensdauer von Konsumenten, die Krokodil regelmäßig intravenös konsumieren beträgt daher auch nur ca. 1 – 3 Jahre.

In Rußland wurde im Jahr 2012 der Verkauf von codeinhaltigen Präparaten regle- mentiert, um deren Mißbrauch einzudämmen, was im Zeitalter des Internets – wie zu erwarten – nur mäßigen Erfolg hatte. Der Konsum von Desomorphin ist auch in anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion wie z.B. der Ukraine stark verbreitet. Im September 2013 tauchte Krokodil vermutlich auch erstmals in den USA auf.

 

Desomorphin unterliegt dem BtMG (Anlage I: Nicht verkehrsfähige Betäubungsmit- tel). Herstellung, Einfuhr, Erwerb, Besitz und Weitergabe/Handel sind strafbar!

 

 

Merkmale:

- Als „Reinstoff“ in Form von Pulver oder in flüssiger Form.

 

 

Gebrauch:

- Desomorphin wird in der Regel intravenös (i.v.) oder subcutan (s.c.; unter die

  Haut) gespritzt.

 

 

Wirkung:

- Die Wirkung von Desomorphin setzt rasch ein und hält ca. 1,5 Stunden an.

- Die sedierende und schmerzlindernde Wirkung ähnelt im Wesentlichen jener von

  anderen Opiaten (z.B. Morphin) oder Opioiden (z.B. Heroin).

- Im Vergleich zur entsprechenden Dosis Morphin erzeugt Desomorphin nur leichte

  Übelkeit und wirkt nur schwach atemdepressiv. Es können zudem Depressionen 

  und gesteigerte Verdauungsaktivitäten auftreten.

- Nach dem Rausch stellen sich schnell die ersten Entzugssymptome ein, was häu-

  fig dazu führt, daß die Konsumenten sich direkt die nächste Dosis injizieren. Ein

  Teufelskreis aus kurzen Rauschphasen gefolgt von der erneuten Eigenproduktion

  von Desomorphin (Krokodil) beginnt!

 

 

Gefahren:

- Aufgrund der sehr giftigen Nebenprodukte (nicht des Desomorphins!), die bei

  der Herstellung ohne die entsprechenden chemischen Kenntnisse oder der ent-

  sprechenden Laborausstattung entstehen, treten an der Einstichstelle häufig grün-

  lich-geschuppte Verfärbungen auf, die auf schwere, sich ausbreitende Wundinfek-

  tionen, Gewebeschäden und Nekrosen/Gangräne zurückzuführen sind und im Ex-

  tremfall zu einem Absterben von ganzen Körperteilen führen können. Zudem kön-

  nen Abszesse, Blutvergiftungen (Sepsis), Venenentzündungen (Phlebitis), Throm-

  bosen und irreversible Gefäß-, Leber- und Nierenschäden bis hin zum Organver-

  sagen sowie irreversible neurologische Veränderungen und Gehirnschäden auftre-

  ten. Dies alles kann bereits nach dem ersten Konsum eintreten!

- Häufig leiden Konsumenten auch unter Knochenmarkentzündungen (Osteomyeli-

  tis), Lungenentzündungen und Hirnhautentzündungen (Meningitis). Zudem ist HIV/

  AIDS unter den Konsumenten recht verbreitet.

- Auch geringe Dosen Desomorphin machen schnell abhängig. Die Entzugssympto-

  me sollen bis zu einem Monat anhalten.

- Eine Toleranzentwicklung baut sich schnell auf, so daß höhere Dosen benötigt

  werden, um die gleiche Wirkung zu erreichen.

- Die durchschnittliche Überlebensdauer von Konsumenten, die Krokodil regelmäßig

  intravenös konsumieren beträgt ca. 1 – 3 Jahre.

- Das Führen eines Fahrzeugs unter dem Einfluß von Desomorphin ist gefährlich

  und wird mit dem Entzug der Fahrerlaubnis bestraft.

 

 

Safer Use:

- Finger weg von Desomorphin (bzw. Krokodil)!!!

  Es sollte weder gekauftes noch selbst hergestelltes Desomorphin konsumiert wer-

  den, da ein rascher körperlicher Verfall vorprogrammiert ist! Daher erübrigen sich

  für diese Substanz auch alle Safer-Use-Hinweise! Reines Desomorphin (mit deut-

  lich weniger Nebenwirkungen) sollte zwar theoretisch erhältlich sein, jedoch wird

  es vermutlich nicht hergestellt und wäre dann immer noch eine stark abhängig

  machende Substanz, die man keinesfalls konsumieren sollte.

- Im Notfall den europaweit gültigen Notruf (Nummer: 112) anrufen. Schildere am

  Telefon nur die Symptome und kläre den Rettungsdienst oder Notarzt vor Ort über

  die konsumierten Substanzen auf. Sie unterliegen der Schweigepflicht!

  Informationen zur Ersten Hilfe bei Drogennotfällen findest Du hier.

 

 

Letzte Änderungen: 27.01.2016

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